Dieser Blogbeitrag richtet sich an alle, die mit einem Job als Freelancer in der Online-Welt liebäugeln. Gerade heutzutage, wo viele Dinge online erarbeitet werden, erscheint es zunächst unfassbar attraktiv, von zu Hause aus im WWW zu arbeiten. Möglichkeiten gibt es viele und oft sind nicht einmal besondere Qualifikationen zwingend notwendig.
Doch was sich erstmal wie der Traumberuf schlechthin anhört, ist in der Praxis ein heiß umworbener Kampf: Texter, Übersetzer und gerade selbsternannte Social-Media-Profis sprießen nur so aus dem www-Nährboden.
Die größte Gefahr
Wer sich online etablieren möchte, sollte zuallererst Referenzen sammeln. Das heißt: je mehr Projekte man annehmen und nachweisen kann, desto besser. Das sollte jedoch nicht bedeuten, sein Know-How unter Wert zu verkaufen, Hauptsache jemand vertraut einem das erste Projekt an. Aber Vorsicht: einmal in dem Preissegment drin, fällt es schwer, mehr zu verlangen.
Gute Arbeit muss entlohnt werden
Vorausgesetzt, der Auftraggeber möchte Qualität haben. Viele geben sich hier mit Quantität zufrieden, frei nach dem Credo: Es ist ja nur das Internet.*
Was diese Kunden zu vergessen scheinen: alles, was in ihrem Namen im Netz veröffentlicht wird, wird auch mit ihrer Firma/ihrem Projekt in Verbindung gebracht. Man stelle sich nur mal vor, in den 90ern hätten Firmen gesagt: »TV Spot? Ach, ist ja nur das Fernsehen. Radiowerbung? Ach, ist ja nur Rundfunk.«
Kreativität ist wie die Luft zum atmen:
Jeder braucht sie, doch ist sie nicht greifbar. Und eben weil man diese Luft nicht sieht, ist es für die Auftraggeber oftmals schwer einzuschätzen, wie viel Arbeit tatsächlich hinter der Erstellung eines Konzepts oder mehreren Slogans steht.
Leider wird kreative Arbeit, gerade als Freelancer, nicht immer so entlohnt, wie sie es sollte. Gerade, wenn man sich vorstellt, dass Kreativität nicht Erlernbar ist, sollte man sich fragen, wie viele Menschen es überhaupt gibt, die diese Stellenbeschreibung perfekt ausfüllen können. Wenn ein Kunde einen kreativen Kopf sucht, der selbstständig motiviert arbeitet, ständig neue Ideen einfließen lässt, viel Eigeninitiative zeigt, sein Handwerk qualitativ beherrscht, gute Zeugnisse und Referenzen hat – dann sollte er auch bereit sein, diesen Kandidaten dementsprechend zu bezahlen. Dumpingpreise sind da für jeden gelernten Menschen eine Schelle mitten ins Gesicht.
Dumpingpreise – davon hat nur die Masse etwas
Wenn man online nach freien Stellen als Texter sucht, werden einem zunächst unfassbar viele Textbörsen vorgeschlagen, bei denen man nach einem sehr kurzen Eignungstest sofort loslegen kann. Hierbei wird erwartet, dass man sicher in Wort, Schrift und Sprache ist. Das Gute: hier findet jeder, egal wie gut oder schlecht er ist, einen Auftrag. Das Schlechte: die Bezahlung. Wenn man liest, wie Studenten und Freiberufler für 4 Stunden Arbeit (inkl. Recherche, SEO, Meta description…) an die 10€ erhalten, muss man nicht lange überlegen, ob es sich dabei um eine seriöse Tätigkeit handelt. Fakt: Daran verdient bloß die jeweilige Börse, obwohl die Texter die meiste Arbeit haben. Mein Tipp: lasst die Finger davon. Wer es dennoch unbedingt probieren will, weil er meint, er könnte weitaus mehr daran verdienen, weil er schneller oder besser ist, kann sich ein eigenes Bild über die Arbeitsverhältnisse verschaffen. Ich rate davon ab. Dazu gibt es viele Erfahrungsberichte im Netz, die ich gerne lese, um zu sehen, wo sich überall schwarze Schafe tummeln.
Diese Textbörsen machen einfach weiter
Was logisch ist, wenn man sieht, dass sich ständig neue Texter dort anmelden. Letztendlich liegt es an jedem selbst, für wie viel Geld er sein Know-How verkauft. Doch sollte dabei nicht vergessen werden, dass man gerade als Freiberufler einen höheren Stundensatz anpeilen muss, um am Ende des Monats u.a. die Krankenversicherung zu zahlen, die mit ca. 400€ zu Buche schlägt. Bei einer solchen Börse, und das kann sich jeder ausrechnen, arbeitet man also für den hohlen Zahn. Ich finde, höchstens Schüler können diese Arbeiten annehmen, um sich hin und wieder den Kinoeintritt zu gönnen. Für Freiberufler, die hauptberuflich mit Texten (oder auch Übersetzungen) ihren Lebensunterhalt verdienen, ist eine solche Textbörse nicht tragbar.
Nicht nur die Textbörsen – auch Auftraggeber…
… vergessen oftmals, dass Freelancer keine Minijobber sind. Als Kunde sieht man zwar in erster Linie die Einsparung, denn eine Festanstellung bringt mehrere Kosten mit sich; vergessen aber, dass der Freiberufler genau diese Differenz selbst ausgleichen muss, was den Stundenlohn unweigerlich nach oben treibt.
Ein Aufruf, der wie schnell im WWW verhallen kann?
Ganz egal, wie schnell er verhallt, eine große Bitte habe ich an euch: macht es niemandem zu leicht, euch im Preis zu drücken. Wenn ihr nicht zufällig auf einem Bazar arbeitet, müsst ihr nicht zwingend feilschen. Zugegeben: ich kenne es ja selbst. Da sucht man neue Projekte und findet eins, das einem gefällt, den Vorstellungen entspricht, Spaß machen könnte und erwischt sich dabei, wie man mit dem Preis runtergeht. Das kann man mal machen. Aber es ist ein großer Unterschied zwischen »Ich komme dir preislich entgegen« und »ich schenke dir mein gesamtes Know-How, für das ich 6 Jahre lang studiert habe, kostet ja nichts«. Doch. Es kostet was. Und ich möchte, dass sich Arbeit wieder lohnt. Gerade diese, die man nicht erlernen kann oder sich in mühseligen Nachtschichten selbst aneignen muss.
Weil wir zusammenhalten müssen.
*[Peanutrelations richtet sich genau gegen dieses Credo und macht sich stark dafür, dass Blogs und Social-media-Betreuung sowie Konzeption nicht mehr als Kleinigkeit abgetan wird. Sachen, die im Internet veröffentlicht werden, und das Internet vergisst angeblich nicht, sind keine Peanuts.]
Schreibe einen Kommentar